Rückblick Zukunftsforum 2022

Zukunftsforum 2022 auf dem Bildungscampus der Dieter Schwarz Stiftung in Heilbronn: Zwei Tage Raum für Austausch, Inspiration und Ideen

Dekarbonisierung, Digitalisierung, Demografie und Deglobalisierung – die Herausforderungen, die aus diesen 4D entstehen, waren die Prämisse und das Leitmotiv des diesjährigen Zukunftsforums 2022. Nach zwei Jahren Pandemie-Pause, die durch eine virtuelle Eventreihe mit insgesamt über 3.000 Teilnehmenden (in 2021 und 2022) überbrückt wurde, folgten am 14. und 15. Juli 2022 über 800 Teilnehmende der Einladung zum diesmal hybrid stattfindenden Event-Highlight des Fraunhofer IAO, rund 200 davon waren vor Ort auf dem Bildungscampus in Heilbronn dabei, alle anderen verfolgten die Vorträge und Talkrunden per Livestream.

Mit Unterstützung der Dieter Schwarz Stiftung haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gemeinsam mit dem Veranstaltungsteam ein abwechslungsreiches Programm auf die Beine gestellt. Das eingespielte Moderationsteam – Sina Rosenkranz von der Wirtschaftsredaktion des SWR sowie Dr. Stefan Rief, Institutsdirektor und Leiter des Forschungsbereichs Organisationsentwicklung und Arbeitsgestaltung am Fraunhofer IAO – führte über zwei Tage gut gelaunt und kompetent durch das Programm. 

Tag 1: Wie Unternehmen im Krisenmodus arbeiten und sich gleichzeitig für die Zukunft aufstellen

Warum der Bildungscampus der Dieter Schwarz Stiftung in Heilbronn ein gutes Beispiel dafür ist, wie wir den Herausforderungen der Zukunft begegnen können, hat Prof. Reinhold Geilsdörfer, Geschäftsführer der Dieter Schwarz Stiftung, eindrücklich in seinem Eröffnungsvortrag dargestellt. In Heilbronn entsteht momentan weit mehr als nur ein »Smartes Dorf«: Mitten in Heilbronn gelegen vernetzt der Bildungscampus heute mehr als zehn Einrichtungen und Institutionen, die gemeinsam die Lernbedürfnisse unterschiedlicher Zielgruppen abdecken. Über allem steht das Ziel, eine optimale Lehr- und Lernumgebung für die ansässigen Bildungseinrichtungen, Institutionen und Studierenden zu schaffen. Dazu gehört auch eine bilinguale Ganztagsschule – ein kluger Schachzug, um internationale Fachkräfte anzulocken. Wie eindrucksvoll und fortschrittlich der Campus ist, zeigt auch der Einsatz smarter Technologien, z. B. bei der »Collect.box«, welche die Teilnehmenden bei einem Rundgang über den Campus am frühen Abend des ersten Tages selbst erleben konnten. Weiteres Highlight waren die geführten Touren durch die Räumlichkeiten der peer-2-peer Programmierschule »42 Heilbronn« sowie der Campus Founders, einem Start-up Inkubator, die parallel stattfanden. Herr Prof. Wilhelm Bauer, Geschäftsführender Institutsleiter des Fraunhofer IAO bedankte sich herzlich bei Herrn Prof. Geilsdörfer und hieß die Gäste des diesjährigen Zukunftsforums freudig willkommen. Er stellte anschaulich dar, welche zahlreichen Herausforderungen und Handlungsbedarfe in der Transformation der Wertschöpfung eine Rolle spielen und bot eine kurzweilige Einführung in die Thematik des Events. Er ermutigte das Publikum, agil und flexibel ins Tun zu kommen. »Wir müssen in der Not wendig sein. Notwendig ist die Veränderung«, so Prof. Bauer.

Eine Bahnlänge voraus? Wie die Foresight-Technologie pünktliche Züge in Spanien ermöglicht

Den Reigen eröffnete Dr. Ariane Reinhart, die bei der Continental AG die Initiative für eine neue Arbeitswelt »Allianz der Chancen« ins Leben gerufen hat. Sie ärgert, dass in der Corona-Pandemie eine Billion Arbeitsstunden mit Kurzarbeit abgegolten wurden und man die Zeit nicht für Weiterbildung genutzt hat. Dr. Annika Hauptvogel von der Siemens AG machte an einem schönen Beispiel deutlich, was es mit dem Begriff »Digitainability« auf sich hat. Von Siemens entwickelte Züge in Spanien signalisieren drohende Defekte mit einer Woche Vorlauf. Verspätungen gibt es seit der Einführung dieser Foresight-Technologie nicht mehr. Eine wünschenswerte Entwicklung auch für die Deutsche Bahn, da waren sich alle einig. Kurzweilig und sehr aufschlussreich war die Keynote von Dr. Gertrud Traud von Helaba – warum die steigende Inflationsrate vorhersehbar war, warum sie das 9-Euro-Ticket für eine schlechte Idee hält und wie das alles zusammenhängt, hat sie anschaulich, kompetent und sehr unterhaltsam erläutert.

Aus Frankreich zugeschaltet war Dr. Stefan Kaufmann, der als Innovationsbeauftragter des BMBF die Roadmap und Pläne zur Umsetzung von »Grünem Wasserstoff« dargelegt hat. Wichtig für die Zukunft wird seiner Meinung nach die Diversifizierung der Lieferanten.

Nach der Mittagspause, die reichlich Zeit und Gelegenheit für leibliches Wohl, Vernetzung und Erholung bot, folgten 10 Pitches von Fraunhofer IAO Mitarbeitenden zu 10 aktuellen Fragestellungen, von Klimaneutraler Betriebsmobilität über Gesellschafts-Foresight bis hin zu Open-Innovation im Metaverse. In kleinen Gruppen kamen die Teilnehmenden mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Fraunhofer IAO in intensive Diskussionen, die in der Kommunikationspause weitergeführt wurden. 

Strategien für erfolgreiches Recruiting 

 

»Von der Arbeit in die Arbeit« war der bestimmende Leitsatz der anschließenden Vorträge. Wie sich die Erwartungen von Mitarbeitenden an Unternehmen verändert haben und welche erfolgreichen Strategien und Modelle existieren, um damit umzugehen, erläuterten die vier Referierenden aus Unternehmen unterschiedlicher Größe sowie der Gewerkschaft ver.di mit entsprechend unterschiedlichen Herausforderungen: Frank Werneke, Vorsitzender des Bundesvorstands bei ver.di beleuchtete die Sicht der Gewerkschaften. Er plädiert für ein Miteinander auf allen Ebenen, um auch bestehende Belegschaften in den Transformationsprozess der Arbeitswelt miteinbeziehen zu können. Heidi Stock gab Einblicke in die Strategien und Konzepte bei der Robert Bosch GmbH, u. a. die erfolgreiche Kampagne »Work #likeabosch«. Spannend auch die Recruiting-Strategie der Körber Group, die Gabriele Fanta im Anschluss vorstellte. Diese setzt auf diejenigen, die es am besten wissen müssen: die eigene Belegschaft als Botschafterinnen und Botschafter. Dirk Jannausch berichtete als Dritter im Bunde über die Sorgen und Nöte eines schnell wachsenden inhabergeführten KMU, das sich vor Aufträgen zwar kaum retten kann, aber immer größere Schwierigkeiten hat, entsprechend Arbeitskräfte zu finden. Seine Strategie: besser zu sein als alle anderen und ein großer Zusammenhalt schaffen Identifikation und Bindung und damit auch Attraktivität für die Neugewinnung von Personal.

Exklusive Einblicke bei der Dinner Speech

 

Nach der Campus Tour versammelten sich die Teilnehmenden am Abend zur Dinner Speech von Gerd Chrzanowski, Chief Executive Officer der Schwarz Gruppe. Er gab exklusive und spannende Einblicke in die Strategien bei Lidl/Kaufland und brachte diese in einen globalen Kontext.

Tag 2: Raum für Innovation und Veränderung

Mit einem positiven Blick in die Zukunft startete Prof. Katharina Hölzle, Institutsleiterin des Fraunhofer IAO, den 2. Tag mit ihrer Keynote »Innovation = Mensch & Organisation«. Die Quintessenz des erfrischenden Vortrags: Unternehmen müssen Future Skills fördern, Scheitern wagen und offen sein für Veränderungen und technologische Neuerungen – das alles immer gewürzt mit einer positiven Grundeinstellung. Judith Wiese zeigte in ihrem Vortrag, wie bei Siemens die Schlüsselfaktoren Flexibilität und Selbstbestimmung, Weiterentwicklung und Lernen sowie ein Gefühl der Zusammengehörigkeit geschaffen und umgesetzt werden. Dass Innovation und Sicherheit nicht im Widerspruch stehen, sondern einander ergänzen, betonte Jörg Hofmann von der IG Metall in seinem Vortrag. Birgit Bohle, Vorständin für Personal und Recht und Arbeitsdirektorin bei der Deutschen Telekom AG, machte sich in ihrem Vortrag und der darauffolgenden Talkrunde stark für das Motto »von Arbeit in Arbeit« und forderte eine Verantwortungsgemeinschaft, geeint durch das gemeinsame Ziel, tragfähige Brücken in neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu bauen.

Raumgestaltung der Zukunft im großen Stil: Zusammenführung von Raum, Prozess und Mensch  

Nach einer Kommunikationspause ging es im nächsten Inhaltsblock um Orte und Räume für Innovation. Den Einstieg machte Christian Lorenz, Geschäftsführer von CODE_n/de:hub future.industries, mit einigen Impressionen des Innovationscampus. Ziel ist es, mit kreativen Räumen eine lebendige Community aktiv zu fördern und mitzugestalten. Auch bei der Campus Founders Venture GmbH steht das Community-Denken im Vordergrund, erklärt CEO Oliver Hanisch. Dabei hilft auch räumliche Innovation, die im »Gravitationszentrum« in Heilbronn Gründerinnen und Gründern viel Platz zum Co-Working und zur Vernetzung bietet. Wie Arbeitsräume aussehen können, die gezielt Kreativität und Teamarbeit fördern, veranschaulicht Ralf Geisenhanslüke, Chefredakteur der Neuen Osnabrücker Zeitung, in seinem Vortrag. In den Entstehungsprozess des neuen NOZ Quartiers Lingen wurden die Mitarbeitenden stark eingebunden. Entstanden sind u. a. Arbeitsräume mit angenehmem Luft- und Raumklima, flexible Rückzugsorte sowie Räume für Teamarbeit und Kreativität.Anschließend gab Dr. Nicole Haft-Zboril, Senior Vice President Real Estate Management der BMW Group, einen Einblick in die Raumgestaltung der Zukunft im großen Stil. Bei der Gestaltung ihres neuen Produktions- und Entwicklungsstandorts sollte neben der Integration in urbane Lebensräume auch eine Vernetzung von Brain- und Hardware realisiert werden. Dazu wurden Raum, Prozess und Mensch durch eine attraktive Raumgestaltung zusammengeführt. In ähnlicher Weise stellte die Integration von Lebens- und Arbeitsräumen den General Manager der Ozean Gruppe Vasco Kienle vor völlig neue Herausforderungen. Am Mikrostandort Ehningen entsteht derzeit ein zukunftsweisender Wohn-/Tech-Campus, auf dem der IBM Quantum System One nicht nur in die ländliche Umgebung integriert werden, sondern Mehrwert für alle Generationen schaffen soll. In der anschließenden Gesprächsrunde sind sich alle einig, dass dem Konzept Raum bei der Entstehung von Innovation in Zukunft viel Bedeutung beigemessen wird. Herausfordernd wird es sein, diese Räume sowohl im Virtuellen als auch im Persönlichen attraktiv zu gestalten und zu fördern.

Ein Deep Dive ins Metaverse als krönender Abschluss des Events

 

Die Abschlusssession des Tages sowie des hybriden Zukunftsforums 2022 hatte v. a. das Metaverse zum Thema. Professor Oliver Riedel, Institutsleiter des Fraunhofer IAO machte den Anfang und sprach über die Arbeitswelt der Zukunft im Metaverse, die nun zum ersten Mal die kreative Kollaboration ermöglicht, die nur online stattfindet. Zudem stellt er den »Open Twin Campus« vor, der vom Fraunhofer IAO als Use Case und Digitaler Zwilling des ZVE-Gebäudes entwickelt wurde und das Ausprobieren und evtl. Ausweiten neuer Arbeitswelten, Klimaneutralität etc. ermöglicht. Der nächste Redner war Björn Ognibeni, der als Practical Visionary Trends untersucht und schon zahlreiche Firmen in der Transformation begleitet hat – mit besonderem Blick auf Chinas digitale Innovationen und die Learnings für uns. Er betonte, dass das Metaverse vor allem das Problem löst, dass Nutzende online nicht mehr alleine sind und nun auf nie dagewesener Ebene miteinander kollaborieren können. Sabine Reise, Managing Director des Softwareanbieters Allseated Europe, wurde aus Südfrankreich zugeschaltet. Sie stellt das »Meetaverse«, ein corporate Metaverse vor, das digitale Begegnungsräume für Unternehmen schaffen und Engagement, Zusammenarbeit, Produktivität und Vernetzung erleichtern sowie fördern soll. Udo Würtz sprach im Anschluss darüber, was schon bei Fujitsu durch KI, AR und VR möglich ist und wie dadurch Kundenprobleme ortsunabhängig bearbeitet werden können. Er geht davon aus, dass der Fachkräfte- bzw. Arbeitskräftemangel dazu führen wird, dass auch Unternehmen, die bisher keine Notwendigkeit darin sehen, die Technologie nutzen werden. Anna Kopp, CIO bei Microsoft Deutschland, war die letzte im Bunde und online zugeschaltet. Sie sprach über digitalen Optimismus und darüber, was andere Unternehmen in der Digitalen Transformation von Microsoft lernen können. Dabei betonte sie, wie wichtig es sei, dass das Management lernt, wie man die Führung digitaler Teams übernimmt. Mit Enhanced Meeting Rooms, die noch nicht überall verfügbar sind, optimiert Microsoft zudem das hybride Arbeiten und u. a. Meetings zwischen Mitarbeitenden online und vor Ort.

 

Positive Resonanz auf LinkedIn und Twitter: Die Teilnehmenden loben die inspirierenden Keynotes, spannende Campus-Touren und den fröhlichen Austausch

 

Dr. Stefan Rief bedankte sich abschließend bei den rund 860 Teilnehmenden des diesjährigen Zukunftsforums und verabschiedete sich von dem interessierten und diversen Publikum, das vor Ort in Heilbronn anwesend, oder virtuell per Livestream zugeschaltet war. Schon waren zwei Tage voller Inspiration, Ideen und Austausch zu Ende. Vor Ort konnten die Anwesenden nochmals bei Kaffee und Erfrischungsgetränken miteinander ins Gespräch kommen und den Austausch von Angesicht zu Angesicht bei sommerlichem Wetter auskosten. Auch auf den Social Media-Kanälen haben sie die Teilnehmenden unter dem #zufo22 rege ausgetauscht und teilten persönliche Highlights, Eindrücke und Learnings in Form von Fotos, Videos und Textbeiträgen. Die Teilnehmenden lobten u. a. die inspirierenden und hochkarätigen Keynotes, die spannenden Campus-Touren und den fröhlichen Austausch in einer hochmodernen Location. Wir sind durch und durch happy und inspiriert und bedanken uns ganz ❤️-lich bei allen Teilnehmenden!